Komplikationen im Überblick

Was schwierig und aufwendig klingt, ist heute bei vielen mechanischen Uhren an Bord. Die Rede ist von den Komplikationen. Diese erstrecken sich über einen weiten Bereich von der Anzeige des aktuellen Datums, über die Kurzzeitmessung bis zu handwerklichen Meisterleistungen, welche die Grand Complication darstellt. In diesem Beitrag wollen wir Komplikationen bei mechanischen Uhren erklären. Außerdem versuchen wir herauszufinden, welche Uhren die meisten Komplikationen haben.

Von großen und kleinen Komplikationen

Bei Komplikationen handelt es sich um unterschiedliche Zusatzfunktionen für Uhren, deren einfachste Vertreter sich bereits in günstigen Modellen finden. Diese sogenannten kleinen Komplikationen sind einfach gesagt weniger aufwendig. Dazu gehören Dinge wie die Anzeige der Gangreserve oder eine zweite Zeitzone. Dem gegenüber stehen die sogenannten großen Komplikationen, unter denen der Chronograph die wohl bekannteste Darstellen dürfte. Sie zeichnen sich dadurch aus, vergleichsweise aufwendig zu sein. Die wichtigsten kleinen und großen Komplikationen stellen wir nachfolgend kurz vor, wobei wir mit den kleinen Komplikationen beginnen.

Die Gangreserveanzeige

Wie der Name sagt, Handelt es sich bei der Gangreserveanzeige um eine Komplikation, die bei mechanischen Uhren einen Überblick über die verbleibende Gangreserve ermöglicht. Und tatsächlich ist diese Anzeige ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung der Präzision einer Uhr. Behält die Feder einer Uhr eine gewisse Spannung, wird dadurch die Gleichmäßigkeit des Ganges und damit die Präzision verbessert. Deswegen ist eine Anzeige wichtig, die die Auswahl des Zeitpunkts für den Aufzug erleichtert. Das wird auf unterschiedliche Art und Weise angezeigt. Die meisten Modelle setzen auf einen Zeiger, der den aktuellen Status auf einer Skala anzeigt. Dabei kann beispielsweise angezeigt werden, wie viele Tage Nutzungsdauer noch verbleiben. Auch außergewöhnliche Anzeigen wie der farbige Kreis, der die Gangreserve der Nomos Glashütte Tangente anzeigt, sind möglich. Wichtig ist bei allen Systemen, dass die verbleibende Gangreserve gut ablesbar und zuverlässig angezeigt wird.

Datumsanzeigen

Datumsanzeigen bei Uhren gelten als klassischer Vertreter der kleinen Komplikationen. Die eine Art der Datumsanzeige gibt es allerdings nicht. Stattdessen existieren neben dem weithin bekannten Fensterdatum noch viele andere Variationen, die sich von Hersteller zu Hersteller unterscheiden können. Trotzdem widmen wir uns zunächst dem Fensterdatum, dessen wohl populärster Vertreter aus dem Hause Rolex stammt. Es geht um die Datejust, die 1945 um diese Datumsfunktion herum entwickelt wurde. Ein markantes Detail ist eine zugehörige, ins Uhrglas integrierte Lupe, welche die Ablesbarkeit der Ziffern erleichtert. Bei Uhren mit einem großen Datum ist eine solche Lupe hingegen nicht nötig. Stattdessen ist das in das Ziffernblatt eingelassene Datumsfenster deutlich vergrößert. Oft kommt hierbei eine sogenannte Sprosse zum Einsatz, um einen Höhenunterschied zwischen den beiden Datumsscheiben zu verstecken. Kommt hingegen ein vergrößertes Fenster für das Datum zum Einsatz, dann werden die vorhergegangenen und nachfolgenden Daten in einer Reihe mit dem aktuellen Datum angezeigt. Eine Markierung auf dem Ziffernblatt hilft hierbei, den aktuellen Tag auf einen Blick zu erkennen. Völlig anders funktioniert hingegen ein sogenanntes Zeigerdatum. Dieses setzt, wie der Name bereits vermuten lässt, auf einen Zeiger in Verbindung mit einer Skala, um das aktuelle Datum anzuzeigen. Auch als Totalisator kann diese Form der Datumsanzeige vorkommen. Wie immer sind hier von Uhr zu Uhr Unterschiede festzustellen.

Mondphase

Die Mondphase gehört ebenfalls zum Repertoire der kleinen Komplikationen. Es handelt sich um eine edle und begehrte Anzeige, die häufig stark zum optischen Gesamteindruck eines Ziffernblattes beiträgt. Außerdem geht seit jeher eine große Faszination von unserem sogenannten natürlichen Satelliten, dem Mond aus. In 29 Tagen, zwölf Stunden, 44 Minuten und 2,9 Sekunden umläuft dieser unseren blauen Planeten einmal. Im Zusammenspiel mit der Beleuchtung der Mondoberfläche durch die Sonne ergeben sich die uns bekannten, unterschiedlichen Mondphasen. Der präzise erfassten Zeit eines Umlaufs werden die meisten Mondphasen (aufgrund der Limitation durch die Verwendung eines Räderwerks) nicht gerecht. Stattdessen wird die Umlaufzeit auf 29,5 Tage gerundet und durch ein Zahnrad mit 59 Zähnen abgebildet. Durch die Abbildung zweier aufeinanderfolgender Mondphasen ist diese Vereinfachung möglich. Konstruktionsbedingt kommt es bei den meisten mechanischen Uhren mit einer Anzeige für die Mondphasen zu einer Ungenauigkeit von acht Stunden im Jahr, wodurch eine Anpassung unerlässlich ist.

Die drehbare Lünette

Die drehbare Lünette einer Uhr nimmt unter den Komplikationen insofern eine Sonderstellung ein, als sie keine werkstechnische Funktion darstellt. Vielmehr handelt es sich um eine Funktion des Gehäuses. Dass die Funktion mehr kann, als gut auszusehen, zeigt sich bei Taucheruhren. Dort dient der drehbare Ring dem Ablesen der verbleibenden Tauchzeit, weswegen die Drehung auch nur in eine Richtung möglich ist. Dadurch kann die Zeit unter Wasser auch durch Stöße und andere Unterbrechungen nicht verlängert werden. Das Verstellen führt nur zu einer Verkürzung der verbleibenden Tauchzeit, während die Ablesbarkeit durch Leuchtmittel zu jeder Zeit gegeben ist. Gänzlich anders funktioniert die Lünette bei Fliegeruhren, die sich in beide Richtungen rotieren lässt. Schließlich lässt sich die Zeiterfassung zur Navigation nutzen, um die Flugzeit zu bestimmten Landmarken zu erfassen. Noch mathematischer wird es allerdings, wenn die Lünette zum Umrechnen von Einheiten zum Einsatz kommt. Ein besonderes Beispiel ist die Navitimer aus dem Hause Breitling. Schließlich ist die Uhr für ihre Lünette mit Rechenschieber bekannt. Durch das Zusammenspiel von Lünette und Ziffernblatt lassen sich unterschiedliche Einheiten, ohne die Verwendung von zusätzlichen Instrumenten, im Cockpit eines Flugzeuges umrechnen. Einfacher, aber auch nützlicher ist die drehbare Lünette im Fall einer Uhr mit Weltzeitfunktion. Die Drehung der Lünette in Zusammenspiel mit einem speziellen Zeiger erlaubt das Erfassen einer zweiten Zeitzone, was sich besonders bei Reisen als nützliche Funktion erweist. Die letzte mögliche Verwendung einer drehbaren Lünette liegt in einer sogenannten Countdown-Funktion. Mithilfe der Einstellung der Lünette lässt sich recht präzise eine verbleibende Zeitspanne bestimmen.

Anzeige einer anderen Zeitzone

Die bereits erwähnten GMT- oder Weltzeit-Uhren sind nicht nur durch eine drehbare Lünette zu realisieren. Stattdessen stehen deutlich aufwendiger Mechaniken, oft in Verbindung mit einem Totalisator zur Verfügung. Unabhängig von der Hauptzeit kann dort eine beliebige zweite Zeit festgehalten werden. Mit einer Anzeige für Tag und Nacht ist außerdem stets klar, um welche Zeit es sich handelt. Wie bei allen vorgestellten Möglichkeiten variiert auch die Umsetzung der GMT-Uhr von Modell zu Modell und von Hersteller zu Hersteller. Generell handelt es sich um eine im (Reise-)Alltag nützliche Funktionalität.

Die kleinen Komplikationen sind keineswegs wenig aufwendig. Allerdings lassen sie sich kaum mit einer Grand Complication vergleichen. Nachfolgend stellen wir die aufwendigsten Komplikationen im Detail vor und beginnen mit dem Chronografen, der vielen Uhrenfans hinlänglich bekannt sein sollte. Für Interessierte erklären wir in einem ausführlichen Artikel den Unterschied zwischen Chronometer und Chronograph (Verlinkung zu Artikel einbauen).

Chrongraphen-Funktionen

Die Funktionen von Chronographen fallen ebenfalls in die Kategorie der Komplikationen. Diese spezielle Uhrgattung ist auf die Kurzzeitmessung spezialisiert und besitzt dementsprechend unterschiedliche Anzeigen (Totalisatoren) auf dem Ziffernblatt, welche im Tandem mit der zentralen Sekunde Messungen ermöglichen. Zur Steuerung dienen die Drücker, bzw. der Drücker an der Seite der Uhr. Damit wird die Messung gestartet, gestoppt und zurückgesetzt. Wichtig ist dabei, dass die Anzeige der eigentlichen Zeit davon unbeeinflusst bleibt. Und auch bei Chronographen gibt es besonders aufwendige Mechaniken. Das beste Beispiel: der sogenannte Doppelchronograph. Modelle dieser Gattung besitzen zwei übereinanderliegende Sekundenzeiger, die im Verlauf einer Minute zwei unterschiedliche Messungen ermöglichen. Dazu mehr im Bereich Rattrapante. Zahlreiche weitere Komplikationen sind dem Chronografen unterzuordnen. Ein Beispiel ist der sogenannte Flyback-Chronograf.

Flyback-Chronograph

Der Flyback-Chronograph stellt eine Spielart von Chronografen dar, wobei es sich im eigentlichen Sinn um eine zusätzliche Funktion des Chronographen handelt. Wie der Name schon sagt, ist der Zeiger in der Lage, plötzlich auf die Nullstellung zurückzuspringen. Diese Funktion ist vor allem bei der Messung von Rundenzeiten interessant, da sich schnell ein Zwischenstand ermitteln lässt.

Rattrapante

Die bereits erwähnten Doppelchronografen sind in Fachkreisen unter dem Namen Rattrapante-Chronografen bekannt. Hierbei handelt es sich um Uhrmodelle, die einen sogenannten Schleppzeiger einsetzen, um eine Messung von zeitlichen Zwischenständen ohne das Anhalten des Uhrwerks zu ermöglichen.

Foudroyant

Was übersetzt so viel wie »Blitz« bedeutet, ist der Name einer außergewöhnlichen und exotischen Komplikation, die sich »Blitzende Sekunde« nennt. Ein kleiner Zeiger dreht sich auf einem Totalisator in jeder Sekunde einmal um seine eigene Achse und vollzieht auf diesem Weg mehr als 86.000 Umdrehungen an einem Tag. Wenige Hersteller wagen sich an eine entsprechende Komplikation, da sie eine große mechanische Belastung darstellt und auf eine hohe Produktionsqualität angewiesen ist. Wer eine entsprechende Uhr besitzt, kann sich sicher sein, ein besonderes Modell zu besitzen. Mit den im Folgenden vorgestellten Komplikationsuhren mitzuhalten, dürfte allerdings schwierig sein.

Was ist die Uhr mit den meisten Komplikationen?

Uhren mit irgendwelchen Komplikationen zu bauen ist für Hersteller klassischer, mechanischer Uhrmodelle keine besondere Herausforderung. Datum und Co. finden sich schließlich in Modellen anderer Preisklassen. Die wirkliche Herausforderung lag im Lauf der Jahre immer darin, besonders viele und besonders außergewöhnliche Komplikationen in einem Modell zu vereinen. Solche Uhrmodelle finden sich unter dem Namen Grande Complication, dessen Definition weit dehnbar ist. Es handelt sich allgemein um Uhrmodelle, die unterschiedliche Komplikationen auf eine Weise zusammenbringen, die höchsten Anspruch zeigt. Das Ergebnis sind herausragende Kunstwerke, welche der mechanischen Uhrmacherei zu neuer Größe verhelfen. Nachfolgend zeigen wir einige Modelle, welche die kompliziertesten Uhren aller Zeiten waren.

Die Referenz 57260 von Vacheron Constantin

Der Titel für die wohl komplizierteste Uhr aller Zeiten (bisher) geht in die Schweiz zu Vacheron Constantin. Nach rund acht Jahren Entwicklung stellte das Unternehmen 2015 seine Referenz 57260 vor, von der nur ein einziges Modell für einen privaten Käufer gefertigt wurde. Die außergewöhnlich komplizierte Uhr besteht aus mehr als 2.800 unterschiedlichen Teilen und bietet insgesamt 57 unterschiedliche Komplikationen und zwei Ziffernblätter. Unter anderem sind drei Kalender mit an Bord der Uhr, deren offizieller Preis geheim ist. Experten schätzen den Wert der kompliziertesten Uhr auf mehr als 10 Millionen US-Dollar.

Patek Philippe Calibre 89

Auf dem zweiten Platz befindet sich ein Modell der Schweizer Uhrenmanufaktur Patek Philippe. Die Patek Philippe Calibre 89 wurde im Jahr 1989 zum 150-jährigen Jubiläum des Unternehmens veröffentlicht. 1.728 Komponenten sorgen bei diesem besonderen Modell für 33 unterschiedliche Komplikationen. Unter anderem an Bord ist eine Anzeige, welche die Zeit für den Sonnenuntergang anzeigt. Daneben besitzt die Calibre 89 ein praktisches Thermometer. Und wer sich für die Komplikationsuhr interessierte, der musste bei einem Preis von 6 Millionen US-Dollar tief in die Tasche greifen. Bis zur Vorstellung der Vacheron Constantin Referenz 57260 im Jahr 2005 gehörte der Titel „komplizierteste Uhr der Welt“ der Calibre 89 von Patek Philippe. Auch das nächste Modell in dieser Liste stammt von Patek Philippe und zeigt, dass sich die Schweizer im Bereich der komplizierten Uhren bereits seit Längerem einen Namen gemacht haben.

Die Patek Philippe Henry Graves Supercomplication

Als komplizierteste Taschenuhr galt lange Zeit die 1933 vorgestellte Patek Philippe Henry Graves Supercomplication. Sie entsteht für den amerikanischen Banker Henry Graves, der als Namensvetter der Uhr herhält. Einen Wettstreit um die komplizierteste Uhr der Welt kann Packard klar für sich entscheiden. Im Endergebnis stecken 24 unterschiedliche Komplikationen, was dafür sorgt, dass die Patek Philippe Henry Graves Supercomplication lange Zeit als komplizierteste Uhr gilt.

Aeternitas Mega 4

Die Aeternitas Mega 4 ist das Ergebnis von fünf Jahren Entwicklungszeit. Es handelt sich um eine der kompliziertesten Armbanduhren, die auf 36 unterschiedliche Komplikationen setzt. Zehn davon sind nicht sichtbar, während 25 direkt über das Ziffernblatt sichtbar sind. Zu den aufwendigen Komplikationen gehören beispielsweise das Westminster Glockenspiel sowie ein für 1.000 Jahre ausgelegter Kalender. Für die Entwicklung der Uhr zeichnet sich Franck Muller verantwortlich, der in Kennerkreisen als »Master of Complications« gilt. Tatsächlich handelt es sich um eine verkaufte Uhr, die im Rahmen einer feierlichen Zeremonie für rund 2.7 Millionen US-Dollar den Besitzer wechselt. 

Von Marvin

Egal ob Smartwatch oder Vintage-Luxusuhr - Marvin ist studierter Technikjournalist und entsprechend begeisterter Technik- und Uhrenfan. Privat setzt er deswegen auf eine Smartwatch von Fitbit. Sein absolutes Wunschmodell, wenn Geld keine Rolle spielt? Definitiv eine Moonwatch.